(Ich selbst in spiegelverkehrter Darstellung)
Meine bewußte weltanschauliche Entwicklung begann mit Atheismus
Atheismus als aggressiv auftretende 'einzig wahre' Religion ist, wie ich heute verstehe, genauso eine Sekte wie aggressiver Katholizismus, aggressiver Mohammedanismus, Zeugen Jehovas und was sonst auch immer.
Selbst bin ich heute insofern Atheist, als ich zu dem von den verschiedensten Kirchen vertretenen Gott ein eher humoristisches Verhältnis habe. Richtiger Atheist, Materialist war bzw. wurde ich in früher Jugend, als ich mich in eine selbstgebastelte atheistische Festung zurückgezogen hatte, um mich vor dem aggressiven und verlogenen (bei näherem Hinsehen: genauso atheistischen) Katholizismus meiner Umgebung in Sicherheit zu bringen.
Aufgrund eigener Erfahrung und eigener Gedanken (ganz ohne Erleuchtung) ließ diese Festung sich aber nicht halten; ich mußte sie, wennauch widerwillig, schließlich aufgeben.
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Allerdings geh ich mit meiner in Entwicklung begriffenen, das sogenannte 'Übersinnliche' mit einbeziehenden Weltanschauung nicht hausieren und schließ mich auch keiner ideologischen Richtung an; bin sogar der Ansicht, daß zur Ideologie geronnene Weltanschauung fast automatisch zur Lüge wird.
Wo sich Anknüpfungspunkte ergeben für Austausch, laß ich mich ein auf Gespräch; und man tauscht sich aus, wo sich eine Basis findet für Austausch; und wo sich solches nicht findet, läßt man sich gegenseitig in Ruhe.
Wo sich aus realem vorgabenfreiem Austausch aus real durchlebten Fragen in real durchlebtem gegenseitigem Verstehen soziale Zusammenhänge sich herausgestalten, find ich das begrüßenswert; bloß ist solches äußerst selten.
Ansonsten geb ich mich nach außen hin eher nihilistisch und find das ganz lustig so.
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Wo man aufhört, selbst ausgedachte oder übernommene statische Ideologie mit Weltsicht, Weltanschauung zu verwechseln, und sich dafür bemüht, sich seiner eigenen Fragen bewußt zu werden, zu seinen eigenen Fragen zu stehen, seinem eigenen Denken und Erleben zu trauen, entwickelt man nach und nach aus eigenem Bemühen sich herausentwickelnde Weltsicht; und dann fühlt man sich erstens genügend sicher, um nicht dauernd Bestätigung von "außen" zu benötigen (und das Missionieren und Bekehrenwollen resultiert, unter anderem, eben aus Unselbständigkeit und Unsicherheit und keineswegs aus realer Überzeugung), und zwotens wird auch Gespräch möglich mit anderen ihr eigenes Denken und Erleben ernstnehmenden.
Alles andere führt zu allen möglichen Absurditäten und idiotischem Kampfe zwischen Ideologien, wo keiner dem andern mehr zuhört.
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Noch ein paar Worte zu den Zweifeln, die meine atheistische Festung zernagten und schließlich kaputtmachten (einfach so zum Sagen; will nicht missionieren und bin auch nicht interessiert an Diskussionen mit dagegen anmissionierenden).
Generell war sie, die Festung, trotz allen Bemühens, die Zweifel zu unterdrücken, äußerst schwierig zu halten.
Nicht wegen des Schwachsinns, mit dem mich meine katholische Umgebung unablässig bombardierte; der war harmlos und prallte ab, ohne die Mauern auch nur anzukratzen
Probleme bereiteten nicht von der Hand zu weisende eigene Zweifel.
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Das eine Problem liegt in der ganz banalen Tatsache, daß ich Bewußtsein habe. Und das ist so banal und selbstverständlich, daß man es normalerweise einfach hinnimmt; und selbst die Tatsache, daß das Bewußtsein, wenn man einschläft, nicht mehr da ist – da ist man einfach weg – ändert nichts an dieser Selbstverständlichkeit, da es selbst eine unhinterfragte Selbstverständlichkeit ist. Es ist mir auch, wie ich mich erinnere, während meiner Gymnasiumzeit und weit darüber hinaus kein einziges Mal gelungen, jemandem klar zu machen, was ich eigentlich meine. An ein Gespräch mit einem Biologielehrer kann ich mich erinnern, der mir zum Schluß sagte: wenn er das nicht versteht, so liege das nicht unbedingt an mir, sondern könne auch an ihm liegen (und ich merkte, daß er das ehrlich meinte und keineswegs ironisch).
Nun gut: und es wollte mir einfach nicht einleuchten, wie aus den materiellen Prozessen, die ich als einziges reales Sein betrachtete, auf einer ganz anderen Ebene Ich mit meinem Wissen um mich und um die umgebende Welt resultieren könnte.
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Und dann war mir natürlich bewußt (ja nu, so natürlich isses auch wiederum nicht, daß solches einem bewußt ist), daß ich mir meine atheistische Festung, meine atheistische Weltanschauung denkend geschaffen habe; und da das Denken, meiner Sichtweise nach, gleich allem anderem aus von Naturgesetzen gesteuerten materiellen Prozessen resultiert, ergibt sich die Frage, was denn diese materiellen Prozesse für ein Interesse haben können, in meinem Bewußtsein ein Bild hervorzurufen, welches sie wahrheitsgemäß wiedergibt?
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Mein materialistisches Weltbild hatte ich in innerem Kampf gegen die massiven Einflüsse meiner durchkatholizierten Umgebung aufgebaut; und später, so ab zwanzig, wurde dieser innere Kampf immer massiver, da er sich in gewisser Hinsicht nicht nur gegen die ideologisierenden Einflüsse aus der Umgebung richtete, sondern generell auch gegen das, was meine Erziehung aus mir gemacht hatte; und in diesem Kampf wurde ich mir auch als Kämpfender griffiger; und wurde dadurch selbst zu einem Argument gegen den Materialismus, den ich auf Biegen und Brechen noch sehr lange gegen alle Anfechtungen verteidigte: Nämlich verstand ich, daß ich in irgendeinem Winkel meiner selbst nicht bloß kein Produkt bin irgendwelcher äußerer Faktoren, sondern sogar die Möglichkeit habe, gegen diese Faktoren anzukämpfen.
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Nur so kurz mal zusammengefaßt eine Entwicklung, die sich über Jahre dahinzog. Diskutieren möchte ich darüber nicht. Bin nu mal so.
Im Werden.
Diesen Text
findet man in dem Sammelband
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