четверг, 29 мая 2014 г.

Von unbekannten Ämtern

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Mich durch das irre Weltgeschehen so weit als möglich nicht beirren lassend, sichte und bearbeite ich weiterhin halbvergessene deutsche und russische Skizzen und Notizen und kümmere mich um die umständehalber etwas schleppend vorangehenden Verlagsangelegenheiten.

Nachfolgend eine zufällig herausgegriffene den Nebeln des Vergessenseins entrissene Skizze; ganz ohne Marsmenschen und überlange Sätze, aber dafür ganz realistisch über unbekannte unverständliche Ämter.

An einem dieser lauen Maienabende rief Aita bei mir an und fragte, ob ich sie ins FKDH begleiten könne. Das FKDH sei ein Amt; man habe ihr eine Vorladung geschickt, und sie müsse am kommenden Tag dort vorsprechen.

Was das FKDH ist – wußte ich nicht; den Namen hörte ich zum ersten Mal. Aber warum soll es ein Amt namens FKDH nicht geben. Es gibt viele Ämter auf der Welt, und alle kann man sie nicht kennen; besonders wenn man so ämterallergisch ist wie ich.

Doch was immer es auch sein mag – mir war es recht, Aita dorthin begleiten zu dürfen. Zwei Tage vorher hatten wir uns auf der Geburtstagsfeier von Hürgokh kennengelernt. Nach angeregter Unterhaltung hatte ich ihre Telefonnummer aufgeschrieben und sie die meine; und nun suchte ich krampfhaft nach einem Vorwand, sie anzurufen. Sie gefiel mir außerordentlich gut; und da sie mir außerordentlich gut gefiel, war ich viel zu schüchtern, als daß ich mich getraut hätte, mich ohne vernünftig klingenden Grund bei ihr zu melden.

Auch Aita wußte nicht, was das FKDH ist. Da sie aber vor allem Amtlichem, wie sie sagte, furchtbare Angst hat und der Ansicht ist, daß ich vor nichts Angst habe, wolle sie nicht alleine hingehen, sondern lieber in meiner Begleitung.

Tatsächlich habe ich vor nichts Angst. Genauer gesagt: vor fast nichts. Als vor drei Wochen in unserem Zoo ein Löwe ausbrach, war ich zufällig zugegen. Ich trat zu dem Löwen hin und brüllte ihn an, er soll sich anständig benehmen und in seinen Käfig zurückkehren. Der Löwe guckte erstaunt, zog den Schwanz bei und tat, wie ihm geheißen. Dies hat alle, die es sahen, sehr beeindruckt. Mich nicht. Denn für mich ist ein Löwe ein verhältnismäßig übersichtliches Wesen, mit dem man, wenn man den rechten Zugriff und den rechten Ton findet, irgendwie zurechtkommen kann. Was man von Ämtern und Beamten nicht sagen kann; weswegen ich vor selbigen doch eher Angst habe.

Daß auch ich Angst habe vor allem Amtlichen sagte ich ihr nicht; ich sagte ihr nur, daß ich sie gerne begleite.

Am anderen Morgen trafen wir uns Punkt zehn im Eiscafé Laurinius, wo ich mir, espressotrinkend, das Schreiben vom FKDH anschaute. Es sah sehr amtlich aus, mit vielen Wappen und Stempeln; und in gewundener Amtssprache stand da geschrieben, daß die Empfängerin, Aita Iobiono, am 13. Mai um 11 Uhr zwecks Klärung anstehender Angelegenheiten im FKDH, Raum Nummro 275, vorzusprechen hat, und daß im Falle von Nichterscheinen ihr Fall an die entsprechenden Stellen weitergeleitet würde.

Aita wußte noch immer nicht, was das FKDH für ein Amt ist, um was für einen Fall es sich in ihrem Falle handelt, und welche Angelegenheiten warum der Klärung bedürfen. Nicht einmal versucht hatte sie, das herauszufinden; und sie meinte, sie wolle sich überraschen lassen.

Ein Taxi brachte uns zur angegebenen Adresse. Weitab vom Stadtzentrum war das; ein zwischen zwei Querstraßen eingezwängter sehr kleiner eingeschossiger Flachdachbau, die fensterlose Wand zur Hauptstraße hin mit einer massiven, wohl verarbeiteten Holztür. Der Taxifahrer wußte nicht, daß sich unter der angegebenen Adresse eine Behörde mit der Bezeichnung FKDH befinden sollte, und wußte mit dem Namen genau so wenig anzufangen wie ich. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liefen auf einer Parkanlage ein paar Arbeiter mit knatternden Rasenmähern herum, die, wie sich herausstellte, auch nicht wußten, daß sich in ihrer unmittelbaren Nähe das FKDH befinden soll.

Aber offenbar hatte alles seine Richtigkeit. Neben der Tür prangten auf goldglänzendem Untergrund in schwarzer Schrift die Buchstaben FKDH, und darunter war ein roter Klingelknopf. Sonst nichts.

Nach Betätigen des Klingelknopfes summte der Türöffner. Gegenüber der Tür, am Ende eines kurzen schummrig beleuchteten Ganges, war ein Schalter, auf der linken Seite des Gangs eine Türöffnung.

Hinter dem Schalterfenster war niemand zu sehen. Nach Drücken eines Klingelknopfes in der rechten unteren Ecke erschien eine ältere Dame in Uniform. Aita schob ihr die Vorladung zu. Die Dame setzte eine Brille auf, schaute sich das Schreiben an. - „Raum 275“, sagte sie streng. „Ihren Ausweis bitte!“ - Aita fingerte ihren Ausweis aus ihrer Handtasche; die Dame nahm ihn in Empfang, schaute kurz hinein und legte ihn in eine Ablage hinter ihrem Schreibtisch. Dann schrieb sie etwas in ein Formular, welches sie Aita zusammen mit der Vorladung zuschob. „Zur Vorabklärung im Zimmer 32 vorsprechen; drittes Untergeschoß." Dann schaute sie auf mich: „Und Sie?“ – „Ich begleite die Dame“, antwortete ich und zückte meinen Ausweis. – „In Ordnung“, nickte sie. Mein Ausweis interessierte sie nicht.

Die Tür zur Linken führte, wie sich herausstellte, in einen Lift.

„Merkwürdig“, murmelte ich, als wir im Lift alleine waren. Aita zuckte die Achseln. Besonders beunruhigt wirkte sie nicht. - „Bin gespannt, was die von dir wollen...“ fuhr ich fort, als wir kurz darauf in dem schummrig beleuchteten Gang, der uns nach Verlassen des Lifts empfing, nach dem Zimmer Nummro 32 Ausschau hielten. - „Ich auch, “ lächelte Aita unbekümmert.

'Vielleicht tat sie nur so, als hätte sie Angst vor Ämtern', - dachte ich. 'Vielleicht suchte sie einen Vorwand, daß ich sie begleite? Wenn das so wäre, wäre es natürlich angenehm... Doch hätte sich sicher ein besserer Vorwand finden lassen als ein Amtsbesuch...'

Und dann standen wir vor einer lederbeschlagenen Tür, auf der die Zahl 32 glänzte. Rechts davon war eine Klingel mit der Aufschrift Krüggelmeier; was die Vermutung nahelegte, daß in diesem Büro 32 ein Herr Krüggelmeier residiert.

Ich drückte den Klingelknopf; und sofort ging, wie von Geisterhand, die Tür auf.

An einem riesigen Schreibtisch saß ein älterer, etwas beleibter Herr mit Glatze. Die Hände über einer vor ihm liegenden Computertastatur, schaute er konzentriert auf einen seitlich stehenden Flachbildschirm.

"Die Vorgeladene Aita Iobiono?" fragte er, ohne uns anzuschauen.

"Ja", antwortete Aita.

"Mit Begleitung?"

"Ja", antwortete ich.

"Bitte treten Sie ein."

Wir traten ein. Noch immer schaute er uns nicht an; seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Bildschirm.

Er griff nach der Maus. Klickte. Hinter uns ertönte das Knacken der ins Schloß fallenden Tür.

Der Herr wandte sich ab von seinem Computerschirm und lächelte uns freundlich an.

"Sie sind für Zelle 275?" fragte er.

"Zelle?" fragte Aiolla verwundert. Sie schaute auf die Vorladung. "Hier steht Raum Nummer 275."

"Der Raum ist eine Zelle", lächelte der Herr. "Sie werden eingesperrt."

"Eingesperrt? Wieso eingesperrt?"

Mich wunderte, wie ruhig sie blieb.

"Nicht für lange", antwortete der Herr beschwichtigend. "Eine Woche, vielleicht auch ein paar Tage darüber. Aber nicht viel."

Ich verstand überhaupt nichts und beschloß, mich nicht einzumischen.

"Ich bin mir keiner Schuld bewußt", sagte Aita.

"Schuld? Wer spricht denn hier von Schuld?"

"Aber es muß doch einen Grund dafür geben, daß man mich einsperrt?"

"Natürlich gibt es einen Grund; bei uns geschieht nichts ohne Grund. Ein Grund liegt immer vor."

"Doch was für ein Grund?"

"Den werden meine Kollegen Ihnen erklären. Ich bin nur für den Empfang zuständig."

"Und Sie meinen, das geht maximal eine Woche?"

"Oder noch ein paar Tage drüber. Vielleicht auch zwei Wochen. Aber mehr als zwei Wochen auf keinen Fall."

"Und Näheres können Sie mir nicht mitteilen?"

"Näheres ist mir nicht bekannt."

"Und was wird sein, wenn die zwei Wochen vorbei sind?"

"Oder eine Woche oder noch ein paar Tage darüber."

"Was wird dann sein?"

"Das weiß ich nicht."

"Und jetzt werden Sie mich einsperren?"

"Ja. Jetzt werden wir Sie einsperren."

"Immerhin etwas, was klar ist", lächelte Aita.

"Können sie mir Ihre Vorladung zeigen?"

"Gerne." Aita trat nach vorne und legte die beiden Blätter vor den Herrn auf den Tisch.

Ich sah mich derweil um. In der rechten Wand gab es zwei Türöffnungen, eine mit rotem Vorhang, die andere mit grünem. Und in der linken Wand, genau in der Mitte, eine Tür. Außer dem Schreibtisch mit dem Computer und dem beleibten Herrn war das Zimmer leer.

Der Herr schaute sich die Blätter an, tippte auf der Tastatur herum, und zwischendurch klickte er mit der Maus.

Wie jeder andere auch, der an einem Computer sitzt.

Schließlich legte er die beiden Blätter, eins nach dem andern, in einen Scanner, lochte sie anschließend mit einem altertümlichen Locher, und tat sie in ein gelbes Schnellheft, das er von irgendwo hervorholte.

Dann faltete er die Hände über der Tastatur, schaute uns an und sagte:

„Darf ich Sie nun dort hineinbitten, hinter den roten Vorhang?“

"Und was soll ich dort tun, hinter diesem roten Vorhang?" – fragte Aita.

"Warten, bis man sich um Sie kümmert", antwortete der Herr.

"Gut, ich werde warten", sagte Aita und schlenderte gemächlich Richtung Vorhang.

„Sie nicht, nur die Dame“, wehrte der Herr ab, als ich Anstalten machte, ihr zu folgen.

Aita wandte sich kurz um: "Bis später."

"Bis später", antwortete ich. Aber da war sie schon hinter dem Vorhang verschwunden.

Die Vermutung lag nah, daß sie genau so wenig verstand wie ich; aber sie wirkte locker und schien sich keine Sorgen zu machen.

Ich selbst war verkrampft und verwirrt.

Nur der Anfang; der Rest muß noch ausgearbeitet werden; und das ist sehr viel.

Und in Anbetracht meiner Überempflndlichkeit für stilistische Belange muß ich vermuten, daß auch der hier veröffentlichte Anfang nicht umhin kommen wird, sich noch weitere Bearbeitung gefallen zu lassen

Verrücktes Zeugs eigentlich; aber im Vergleich zu unserer heutigen Realität trotzdem harmlos.

Nachtrag ein paar Tage nach Veröffentlichung:

Jemand fragte mich, unter anderem, ob das auf einer wahren Begebenheit beruht.

Meine Antwort:

♦♦♦

Keine Spur von wahrer Begebenheit; nur, mit entsprechenden Übertreibungen, rein phantastische künstlerische Verarbeitung wesentlicher Züge verstreuter Begebenheiten, die mir zu Ohren gekommen sind.

Was die Löwen betrifft, so hatte ich mit solchen bis jetzt noch keinen direkten Kontakt; höchstens mit bissigen Hunden. Wenn ich in Form bin, hab ich vor denen keine Angst; die spüren das und nehmen sich ihrerseits vor mir in Acht, oder, wenn ich gut gelaunt bin, werden ganz friedlich. Auch ein Erlebnis mit zwei menschlichen Wesen hatte ich, die es in einer menschenleeren Ecke offensichtlich auf mein Gepäck abgesehen hatten und, zum Glück, nicht bewaffnet waren. Ich wußte, daß ich stärker bin als die beiden; daß ich höchstens Gefahr laufe, daß, während ich den einen fertig mache, der andere mit meinem Koffer abhaut; und blieb völlig ruhig. Die beiden spürten das, wurden plötzlich ganz zahm und zeigten mir sogar den Weg.

Dies bezüglich Erfahrungshintergrund mit den Löwen, das heißt bezüglich Situationen, in denen man den Überblick hat und infolgedessen sinnvoll handeln kann. Was ja bei dem organisierten Wahnsinn unserer Zeit weniger der Fall ist.

Ist natürlich alles phantastisch aufgebauscht; und im Weiteren wird das dann so verrückt und phantastisch, daß ich dir – sollte es mal erscheinen – dringend davon abraten würde, es zu lesen

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